Roland Berger
aus
Roland Berger ist als Berater in Wirtschaft und Politik sowie durch die von ihm gegründete Roland Berger Strategy Consultants bekannt. Die zählt weltweit zu den größten Unternehmensberatungen und machte ihn rund um den Globus zu einer bekannten und einflussreichen Person.
- frühe Jahre
Roland Berger erblickt im November 1937 in Berlin das Licht der Welt. Sein Vater arbeitet als Generaldirektor einer Nahrungsmittelfirma. Darüber hinaus ist er zeitweise auch als Ministerialrat im Reichswirtschaftsministerium tätig. Nach der Reichspogromnacht 1938 beendet er das Engagement jedoch und tritt aus der NSDAP aus. Im Zuge des Stauffenberg-Attentats wurde sein Vater mehrere Monate im KZ Dachau interniert. Eine Sache, die den jungen Roland maßgebend prägt. Er sieht einen Vater, der für seine moralischen Überzeugungen eintritt, auch wenn die Folgen für ihn unangenehm sind. Deshalb bezeichnet er auch später seinen Vater als moralisches Vorbild. Außerdem prägt sich eine humanistische Ader stark aus, die später in der eigenen Stiftung gipfelt. Auch seine Mutter arbeitet die meiste Zeit. Nach dem Umzug der Familie in den Süden, wo seine Eltern her stammen, kümmert sie sich um den Gemischtwarenladen der Eltern. Später ist sie Geschäftsführerin einer Möbelfirma. Innerhalb Bayerns besucht Roland eine Reihe von Schulen, bevor er 1956 in Nürnberg sein Abitur macht.
- von der Wäscherei zur Beratung
Mit dem Abschluss in der Tasche beschließt er Betriebswirtschaftslehre zu studieren. Das tut er zunächst in Hamburg, später in München. An der dortigen Ludwig-Maximilians-Universität erreicht er 1962 sein Diplom als Jahrgangsbester. Zur Finanzierung des Studiums übernimmt er einen Waschsalon. Er wird also schon früh selbst unternehmerisch aktiv, hat dabei aber stets eine Tätigkeit als Unternehmensberater als Ziel. Die Chance zum Einstieg in den Job ergibt sich schon bald nach Studienende. Die Mailänder Gennaro-Boston Associati gibt ihm den Job in der gewünschten Branche und lässt ihn in Italien und den USA arbeiten. Die Wäscherei verkauft er mit Gewinn für 600.000 D-Mark. 1967 hält er die Zeit für gekommen und macht sich als Unternehmensberater selbstständig. Und schon im nächsten Jahr gelingt ihm ein erster Coup. Er empfiehlt den Touristikfirmen Touropa, Hummel, Scharnow und Dr. Tigges die Gründung eines gemeinsamen Unternehmens. Die setzen seinen Rat um und schließen sich zu einem der in der Folge erfolgreichsten deutschen Reiseunternehmen zusammen: TUI. Beflügelt vom Erfolg eröffnet Berger schon bald ein Büro in Mailand. Dem folgen ab 1976 diverse Büros in verschiedenen Ländern. Bis Ende 2010 ist das Unternehmen in dreißig Staaten vertreten und gehört zu den größten Firmen in der Branche. Er berät mit seinen Mitarbeitern branchenübergreifend Konzerne bei der Unternehmensführung, strategischen Ausrichtung und Organisationsstruktur.
- Wachstum und Reduzierung der Komplexität
Sein Erfolgsrezept fußt auf einigen Basisannahmen, die in seine Analysen stets mit einfließen. Die größten Chancen für Wirtschaftsunternehmen liegen demnach auf Wachstum. Denn sehr gute Geschäftsergebnisse und Vorteile gegenüber der Konkurrenz ließen sich am einfachsten durch profitables Wachstum erzielen. Dafür sind laut Berger Vertrauen und die Reduktion von Komplexität maßgebend, weil er hohe Komplexität als größten Hemmschuh für Wachstum ausgemacht hat. Er möchte auch zu seinen Kunden ein verlässliches und durch Kompetenz, Respekt und Offenheit geprägtes Verhältnis aufbauen. Um seine eigene Firma erfolgreich zu führen, hat er ihr eine Struktur mit globalen Kompetenzzentren gegeben, die für die global agierenden Konzerne unabhängig arbeiten. Generell wird kundenspezifisch übergreifend mit einem einheitlichen Arbeitsstil gearbeitet. Das Unternehmen trägt zwar Bergers Namen, befindet sich aber im Besitz von fast 200 Partnern. Berger selbst hält knapp zehn Prozent der Anteile. In den achtziger und neunziger Jahren war das vorübergehend nicht so, als die Deutsche Bank bis 1997 sukzessive 95 Prozent übernahm. Die kaufen Berger und seine Mitarbeiter beziehungsweise Partner sich aber 1998 zurück. Trotz seiner Größe ist das Unternehmen aber klein im Vergleich zu den Branchenriesen wie McKinsey und Boston Consulting. Deshalb fädelt Berger 2010 nach seinem Abschied als Aufsichtsratschef ? den Vorstandsvorsitz hat er bereits 2003 abgegeben ? auch noch einen Deal mit Deloitte maßgeblich mit ein.
- Pleite mit Deloitte
Deloitte zählt zu den größten Prüfungs- und Beratungsgesellschaften weltweit. Das unabhängige Unternehmen ist zum Zeitpunkt der Verhandlungen in mehr als 140 Ländern aktiv, beschäftigt rund 170.000 Mitarbeiter und erwirtschaftet einen Jahresumsatz von 26,6 Milliarden US-Dollar. Dagegen nimmt sich Bergers Unternehmen geradezu winzig aus. Trotzdem sieht er in einem Zusammenschluss eine große Chance, um sich international noch besser aufzustellen. Im Zeitalter der Global Player eine zunehmend wichtige Komponente wenn man die ganz Großen beraten will. Deloitte bietet Investitionen von rund 300 Millionen Dollar. Allerdings birgt eine von der Größenverteilung her so ungleiche Partnerschaft immer auch das Risiko, dass der Kleine über kurz oder lang unter die Räder kommt. Dagegen spricht jedoch, dass Deloitte die Strategen von Berger im eigenen Konzern braucht. Eine Gewähr ist das natürlich nicht. Nachdem die Medien den Deal bereits überall als einzigartige Fusion verkaufen, platzt das Geschäft. Das Warum inklusive der Rollenverteilung ist dabei nicht so einfach. Fakt ist, dass Roland Berger als Alternative im Falle einer nicht stattfindenden Fusion eine Investitionssumme von etwa 50 Millionen Euro aus seiner Privatschatulle verspricht und die Partner sich auf der entscheidenden Sitzung mehrheitlich gegen Deloitte aussprechen. Aber ob der Einfluss von Roland Berger nicht mehr weit genug reicht um die Partner zu überzeugen oder ob er selbst kalte Füße bekommt und deshalb eine eigentlich nicht vergleichbare Alternative in den Raum stellt, wird von den Medien höchst unterschiedlich bewertet.
- Politikerfreunde
Auf jeden Fall ist der geplatzte Deloitte-Deal eine der wenigen Niederlagen im Leben von Roland Berger. Eine zweite erleidet er 2004, als er vom damaligen niedersächsischen CDU-Ministerpräsidenten Christian Wulff vor laufenden Kameras bei Sabine Christiansen massiv angegriffen wird. Der wirft ihm Gefälligkeitsgutachten für die SPD vor. Denn bei den Genossen ist Berger wohlgelitten. Gerhard Schröder bot ihm nach seinem Wahlsieg 1998 sogar das Wirtschaftsministerium an, das Berger jedoch ablehnte. Eine Freundschaft verbindet die beiden aber trotzdem. Genauso wie Berger auch den Bayern Edmund Stoiber zu seinen Vertrauten zählt. Einseitige politische Ausrichtung in der Öffentlichkeit ist ihm also nicht vorzuwerfen. Trotzdem sitzt die Wulff-Attacke tief bei ihm, denn seitdem hält er sich in der Öffentlichkeit deutlich mehr zurück als früher. Für Stoiber nimmt Berger 2007 einen Beraterjob in dessen Anti-Bürokratie-Team in Brüssel bei der EU an. Aber versehen mit viel Geld und nun auch noch zunehmend mit mehr Zeit, sucht er sich weitere Ziele außerhalb der Wirtschaft. Ziele, deren Umsetzung ihm eine Herzensangelegenheit sind.
- Stiftung und andere Posten
Im Jahr 2008 gründet Berger eine eigene Stiftung, die sich unter seinem Namen weltweit für die Achtung der Menschenwürde und Menschenrechte sowie für Völkerverständigung, Toleranz und freie und friedliche Gesellschaften einsetzt. Als Stiftungskapital spendet er fünfzig Millionen Euro aus seinem Privatvermögen. Die Stiftung vergibt Stipendien für sozial benachteiligte Jugendliche und verleiht jedes Jahr den mit einer Million Euro dotierten internationalen Roland Berger Preis für Menschenwürde. Als Schirmherr fungiert der amtierende deutsche Bundespräsident. Für das die Preisträger auswählende Komitee konnte er schon den ehemaligen UNO-Generalsekretär Kofi Annan und Joschka Fischer gewinnen.
Darüber hinaus ist Berger trotz seines Alters als Honorarprofessor in Cottbus tätig und geht verschiedenen Lehraufträgen deutscher Hochschulen nach. Außerdem sitzt er in den Hochschulräten mehrerer Universitäten. Aber auch in der Wirtschaft ist er nach wie vor aktiv. Im Aufsichtsrat ist er seit 2008 bei Fresenius, seit 2009 beim italienischen Medienkonzern RCS. Beim US-amerikanischen Finanzinvestor Blackstone bekleidet er den Posten des deutschen Chairman. Gemeinsam mit dem Ex-Arcandor-Chef Thomas Middelhoff und Florian Lahnstein, dem Sohn des ehemaligen SPD-Wirtschaftsministers Manfred Lahnstein, hat er seit 2009 eine eigene Investmentgesellschaft. Zudem engagiert er sich in der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft. Für die Republik Finnland ist er Honorargeneralkonsul in den Bundesländern Thüringen und Bayern. Und zur Würdigung seines Lebenswerks hält er seit seinem Ausscheiden aus dem Aufsichtsrat 2010 bei Roland Berger Strategy Consultants den Titel eines Ehrenvorsitzenden.