Maria-Elisabeth Schaeffler
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Maria-Elisabeth Schaeffler ist eine bekannte deutsche Unternehmerin, die vor allem als verantwortliche des gleichnamigen Unternehmens mit ihrer offensiven Firmenpolitik in die Schlagzeilen geriet. Im Zuge der Übernahme des Reifenherstellers Continental beherrschte ihr Gesicht über Monate die Titelseiten der großen deutschen Tageszeitungen.
- Herkunft
Eine Entwicklung, die sicher bei ihrer Geburt 1941 in Prag nicht unbedingt vorgezeichnet war, aber bei dem Familienstammbaum andererseits auch nicht völlig überraschend anmutet. Der Urgroßvater von Maria-Elisabeth Kurssa, so ihr Geburtsname, spielte beim Aufstieg des tschechischen Skoda-Konzerns zum größten Autobauer des damaligen Kaiserreichs Österreich-Ungarn eine maßgebliche Rolle. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs enteignete die neue tschechoslowakische Regierung die Familie Kurssa, die von Prag nach Wien floh. Dort machte der Vater der gerade einmal vier Jahre alten Maria-Elisabeth sich als Finanzberater im Hauptquartier der US-Streitkräfte einen Namen. Der brachte ihm später den Posten als Generaldirektor der Ersten Allgemeinen Versicherungs AG und deren Nachfolgerin Generali.
Maria-Elisabeth wuchs in Wien auf, legte dort die Matura ? vergleichbar mit dem deutschen Abitur ? ab und nahm 1960 ein Medizinstudium an der dortigen Universität auf. Das brach sie jedoch nach dem Physikum, der ärztlichen Vorprüfung, ab. Grund war ein Mann, den sie zwischenzeitlich kennengelernt hatte und der ihr zukünftiges Leben maßgeblich prägen sollte: Georg Schaeffler.
- Gattin im Großkonzern
Der war bereits mit seinem Bruder Wilhelm zusammen Leiter einer Firma in Herzogenaurach, die die beiden gemeinsam aufgebaut hatten. Die hieß zum damaligen Zeitpunkt noch INA und produzierte neben Metallerzeugnissen auch Textilien. Georg Schaeffler entwickelte und patentierte 1949 den Nadelkäfig, durch den Nadellager zuverlässige Bauteile für Industriebetriebe wurden. Vor allem Automobilbauer zählten zum Kundenstamm des Unternehmens. 1963 läuteten die Hochzeitsglocken für Maria-Elisabeth und den 24 Jahre älteren Georg Schaeffler. Kurze Zeit darauf erblickte Sohn Georg junior das Licht der Welt. Georg senior widmete sich mit seinem Bruder voll dem Unternehmen, das zu einem großen Zulieferer der Industrie wird und auch bis 1989 in der Textilbranche aktiv ist. Die wird aber acht Jahre nach Wilhelms Tod, dessen Steckenpferd dieser Teil der Firma durchaus war, wegen der ständig schlechteren Zahlen und Rahmenbedingungen komplett verkauft. Maria-Elisabeth versucht sich nach der Eheschließung noch einmal an einem Studium, diesmal Betriebswirtschaftslehre an der Uni Erlangen-Nürnberg. Das beendet sie allerdings auch nicht. Aber untätig ist sie deswegen noch lange nicht. Sie lebt nicht still in der zweiten Reihe hinter ihrem Gatten, sondern schaut ihm auf die Finger und lernt von ihm wie er ein so großes Unternehmen wie INA Schaeffler, so der damalige Name, führt.
- Feindliche Übernahmen
Und das war auch wichtig für sie. Denn nach dem Tod ihres Mannes 1996 steht sie mit ihrem älteren Sohn ? der jüngere kam bei einem Unfall ums Leben ? an der Spitze eines weltweit agierenden Konzerns. Ihr Sohn allerdings zeigt zunächst nicht sonderlich viel Interesse an der Unternehmensleitung und kümmerte sich lieber in den USA um ein Studium der Rechtswissenschaften, das er 2000 abschloss. Anschließend arbeitete er einige Jahre als Wirtschaftsanwalt in den Vereinigten Staaten. Erst 2008 schaltete er sich aktiv in das Tagesgeschäft des Unternehmens ein. Das hatte bis dahin unter der Leitung seiner Mutter durchaus von sich Reden gemacht. So still und leise, so ganz ohne Aufheben und große Nebengeräusche, wie es über die Jahre zu einem Global Player wurde, so präsent ist es in den Wirtschaftsnachrichten seit Maria-Elisabeth an der Spitze steht. Obwohl sie 1998 mit Jürgen Geißinger einen Vorsitzenden für die Geschäftsleitung einstellt, bestimmt sie als Vorsitzende des Firmenbeirats die Geschäfte weiterhin maßgeblich. Sie sorgte zunächst 1999 dafür, dass die Firma LuK vollständig in den Besitz von Schaeffler überging. Mediale Bekanntheit erlangte sie aber mit der feindlichen Übernahme des börsennotierten Schweinfurter Kugellagerherstellers FAG Fischer, immerhin ein im MDAX gelisteter Konzern. Ein Novum in der deutschen Wirtschaftsgeschichte. 2001 gab es einen von der Presse ausgiebig begleiteten Kampf um die Gunst der Aktionäre, die darüber zu entscheiden hatten, ob sie an die INA Schaeffler verkaufen wollen oder nicht. In diesem Zuge zeigte Schaeffler, dass sie eine höchst diszipliniert agierende und durchsetzungsfähige Kämpfernatur ist, die auch Zähne zeigen kann. Angesprochen auf den Widerstand, der ihr entgegengebracht wurde, sagte sie, dass man in dieser Welt mit einem Schmusekurs nicht weiter kommt. Zu einer polarisierenden Medienfigur wurde sie dann ab 2008 in der Folge der Übernahme des deutlich größeren Reifenproduzenten Continental. Auch hier sträubte sich das Management gegen einen Verkauf.
- Verhoben
Sie hatte sich über Equity Swaps bis zum Juli 2008 bereits einen Anteil von gut 36 Prozent der Conti-Aktien gesichert als sie öffentlich ein Interesse an einer Übernahme des Hannoveraner Reifenherstellers äußerte. Zudem gab es ein offizielles Angebot an die Conti-Aktionäre über knapp 70 Euro je Anteilsschein. Der Kurs von Conti verfiel aber binnen der Frist auf 20 Euro. Schaeffler wurden etwa 90 Prozent der Aktien angedient, die das Unternehmen zum hohen Kurs kaufen musste. Die über 49,99 Prozent hinausgehenden Anteile wurden gleich an die Banken weitergereicht, die für die Kredite zum Kauf einstanden. Da aber Schaeffler die Anteile von Conti als Sicherheit für die gemachten Schulden hinterlegen wollte, waren die vermeintlich wertvollen Papiere nur noch einen Bruchteil dessen Wert, was Schaeffler eigentlich veranschlagt hatte. Zwischen Schaeffler und Continental kam es zum Streit über den einzuschlagenden Kurs zum Schuldenabbau, der beide Unternehmen fast in die Insolvenz geführt hätte. Als Maria-Elisabeth Schaeffler laut über staatliche Hilfen in Milliardenhöhe nachdachte und gleichzeitig durch unsensible Auftritte und unglückliche Fotos im Pelzmantel durch die Medien gereicht wurde, hatte sie das Image der reichen Erbin, die über Leichen geht. Sie selbst konnte die Aufregung nicht nachvollziehen. Sie fühlte sich stigmatisiert und mahnte zu mehr Sachlichkeit in der Diskussion um die beiden angeschlagenen Unternehmen. Durch ihre Aussagen, dass der Staat und die Banken die gerade begonnene Weltwirtschaftskrise durch ihr Handeln mitverschuldet hätten und Schaeffler insofern die verfahrene Situation nicht allein zu verantworten habe, trug sie zu der angemahnten Sachlichkeit allerdings nicht unbedingt bei. Zumindest die Wahrnehmung ihrer Person in der Öffentlichkeit hat sich dadurch nicht gerade verbessert. Vielen Beobachtern fiel es schwer, ihr die Aussage, dass sie für ihre Mitarbeiter und nicht für ihr eigenes Ego kämpfe, abzunehmen. Immerhin konnten sowohl Conti als auch Schaeffler ohne staatliche Hilfen gerettet werden, unter anderem dadurch, dass die Banken die Kreditlinien veränderten und Continental mit 31 Millionen neuen Aktien eine Kapitalerhöhung vornahm, die frisches Geld in die leeren Kassen spülte.
- Auszeichnungen
Das die zähe Geschäftsfrau auch eine andere Seite hat, zeigen die vielen Ehrungen und Auszeichnungen, die ihr zuteil wurden. Die Bundesrepublik Deutschland verlieh der gläubigen Katholikin 2001 das Verdienstkreuz am Bande. Zwei Jahre später bekam sie den Bayerischen Verdienstorden. Vom österreichischen Bundespräsidenten erhielt sie 2007 das Große Silberne Ehrenzeichen mit dem Stern für Verdienste um die Republik Österreich. Ebenso wie ihr verstorbener Mann und dessen Bruder machte die Stadt Herzogenaurach sie zur Ehrenbürgerin. Das taten außerdem auch die Städte Höchstadt und Bühl, wo sich ebenfalls Werke von Schaeffler befinden, sowie Taicang in China und die südkoreanische Provinz Jeollabuk. Sie ist darüber hinaus im Besitz der Ehrenmedaille der Leibniz Universität Hannover. 2004 konnte sie sich zudem als Familienunternehmerin des Jahres feiern lassen. 2007 An der Uni Erlangen-Nürnberg ist sie seit 2007 Mitglied des Hochschulrats. Bei der Österreichischen Industrieholding AG ist sie seit 2008, bei Continental seit 2009 im Aufsichtsrat. Schaeffler, die sowohl die deutsche als auch die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, wird zusammen mit ihrem Sohn Georg vom Forbes-Magazin in der Liste der reichsten Menschen in Deutschland 2011 auf dem siebten Platz geführt.