Ludwig Görtz
aus Hamburg
Ludwig Görtz ist ein Hamburger Unternehmer. Er ist bekannt durch die Schuhkette Görtz, der er lange Jahre vorstand.
- In Schuhen geboren
Ludwig Görtz erblickte im November 1934 das Licht der Welt. Seinem Vater Gerd gehört das 1875 vom Urgroßvater gegründete Unternehmen, das sich im Schuhgeschäft in Hamburg einen Namen gemacht hat. Gegründet als kleiner Laden im Arbeiterstadtteil Barmbek, ist es inzwischen deutlich gewachsen und kann eine Familie gut ernähren. 1938 kommt eine zweite Niederlassung in der Hansestadt hinzu. Ludwigs Karriere und sein Lebensweg waren damit als ältester Sohn vorgezeichnet. Und Ludwig nahm sie an. Seine Mutter erzählt ihm später gerne die Geschichte, dass sein erstes Wort nicht Mama oder Papa, sondern Schuh lautete. Nach der Schule und einer Lehre als Industriekaufmann zieht es Ludwig in die Welt hinaus. Er geht in verschiedene Länder um zu lernen und seinen Horizont zu erweitern. Frankreich ist eine seiner Stationen. Durch die USA und Kanada reist er zum Teil ganz ursprünglich und einfach im Greyhoundbus. Ein Ausbrechen aus der Familientradition steht für ihn trotz allem nie zur Debatte.
- Innovation und Tradition
Deshalb steigt Ludwig Anfang der Sechziger mit 26 Jahren in die väterliche Firma ein. Und er bringt reichlich frischen Wind in das traditionelle Hanseatische Unternehmen. In den USA hat er nicht nur reichlich Lebenserfahrungen gesammelt, sondern auch genau hingeschaut. Unter anderem bei IBM, die gerade an den ersten Computern als Nachfolger der Hollerith-Lochmaschinen arbeiteten. Görtz ist begeistert von den Fähigkeiten der schrankgroßen Rechenmaschinen und führt sie im väterlichen Betrieb ein. Görtz gehört damit zu den ersten deutschen Unternehmen, welche die neue Technik einsetzen. Generell sagt ihm die amerikanische Mentalität mit der Suche nach neuen Wegen und einer großen Risikobereitschaft zu. Während die Firma jetzt auch über Norddeutschland hinaus bis nach Baden-Württemberg expandiert, vergibt er ohne große Rücksprache einen Werbeauftrag an eine damals junge Agentur. Die heißt Springer & Jacoby, steht genauso wie Görtz noch am Anfang eines rasanten Aufstiegs und erweist sich als Glücksgriff. Neben diesem Mut zum unkonventionellen Handeln und zum Risiko steht aber immer auch die andere Seite des Ludwig Görtz. Der hanseatische Kaufmann. Traditions- und Wertebewusst, zurückhaltend unauffällig und konservativ agierend. Vielleicht eines seiner Erfolgsgeheimnisse, dass er diese beiden Seiten nicht als Gegensätze, sondern als sich ergänzend auffasst. Und sein Vater ihm die entsprechende Handlungsfreiheit lässt.
- Immer neue Wege
Gemeinsam mit dem Vater und seinen jüngeren Brüdern Friedrich und Thomas steht Ludwig für einen expansiven Kurs des Familienunternehmens. Um einen neuen Vertriebsweg für die Schuhe zu finden, wird ein neues Konzept an den Start gebracht. 1970 wird die erste Niederlassung von Görtz 17 eröffnet. Sie hat ein deutlich anderes Sortiment als die herkömmlichen Läden, da sie voll auf die Zielgruppe junger Kunden abzielt. Vielfach skeptisch beäugt, geht die Rechnung trotzdem voll auf. Zahlreiche weitere Geschäfte folgen. Und der Ideenfundus ist noch lange nicht erschöpft 1979 wird der US-amerikanische Schuhhändler Hess Sons mit seinen zwanzig Filialen übernommen. Vier Jahre später eröffnet Der erste Hess-Laden auch in Deutschland und bedient seitdem in erster Linie auf günstige Preise bedachte Kunden. Zudem sieht Ludwig die Zeit gekommen, nicht mehr nur als reiner Schuhhändler zu agieren, sondern selbst zu produzieren. Dafür wird die Marke Belmondo ins Leben gerufen.
- Chef
Aber auch sein Vater hält die Zeit reif für einschneidende Veränderungen und zieht sich aus der Firmenspitze zurück. 1980 übergibt er den Chefsessel an seinen ältesten Sohn. Ludwig bleibt seiner Linie treu und setzt mit einer überraschenden Entscheidung ein Ausrufezeichen. Mit Peter Labin beruft er einen Familienfremden in die Chefetage. Er möchte nicht der einsame Wolf sein, der alle Entscheidungen im stillen Kämmerlein für sich allein trifft. Er sucht vielmehr starke Charaktere, um ein produktives und offenes Klima zu schaffen, das allen zum Vorteil gereichen soll. Auch seine Brüder werden weiterhin mit eingebunden. Friedrich gehört bis heute dem Vorstand an.
Görtz expandiert weiter und wird zu einer modernen Firma mit zahlreichen Niederlassungen und insgesamt fünf Vertriebswegen. Das sind neben den klassischen Görtz-Schuhläden, den auf junge Leute spezialisierten Görtz 17, den preisbewussten Hess-Filialen auch Görtz Shoes, die ausschließlich die Eigenmarken Görtz und Belmondo verkaufen. Als fünftes kommt ein Online-Shop hinzu, der 2009 von der deutschen Versandhandelsbranche zum Online-Shop des Jahres gewählt wird. Bei der Auslandsexpansion agiert Görtz allerdings ganz anders. Mal wieder hanseatisch, ruhig und vorsichtig. 1993 macht die erste Auslandsfiliale in Wien auf. Es folgen einige weitere Geschäfte in der Alpenrepublik und in Österreich. Im Jahr 2010 kann Görtz auf eine Firma mit rund 3.400 Mitarbeitern sowie 220 Filialen in Deutschland, Österreich und Polen blicken. Da ist zwar seine Handschrift noch klar zu erkennen. Er hat sich offiziell aber bereits seit einigen Jahren aufs Altenteil zurückgezogen.
- Altersteilzeit
Das heißt aber nicht, dass er nicht noch im Unternehmen arbeitet. Er hat zwar den Chefsessel geräumt und trifft nach eigener Aussage keine Entscheidungen mehr. Sein Wort hat aber nach wie vor Gewicht im Unternehmen. Die Geschäftsführung liegt unter anderem bei seinem Bruder Friedrich. Aber Vorsitzender ist mit Christoph von Guionneau ein Familienfremder. Die Familientradition ist aber auf einem guten Weg. Alle drei Kinder von Ludwig arbeiten, genau wie seine Neffen, inzwischen in verschiedenen Positionen im Unternehmen. Unweit der Eulenspiegelstadt Mölln besitzt er ein etwa 750 Hektar großes Jagdrevier, in dem er einige Zeit verbringt. Allerdings ist er immer noch Vorsitzender des Landesverbands des Hamburger Einzelhandels. Der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels verleiht Görtz im November 2009 den Deutschen Handelspreis für sein Lebenswerk.