Klaus Tschira
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Klaus Tschira ist ein deutscher Unternehmer und gehört zu den fünf Gründern des Softwaregiganten SAP. In Folge des gewaltigen Erfolgs von SAP ist er zum Milliardär geworden, der sich über zwei eigene Stiftungen gesellschaftlich engagiert. Dabei gehört die nach ihm benannte Klaus-Tschira-Stiftung zu den größten gemeinnützigen Stiftungen in Europa, die aus privaten Mitteln finanziert wird.
- verhinderter Physiker
Geboren wird Tschira im Dezember 1940 in Freiburg im Breisgau. Später zieht seine Familie nach Karlsruhe, wo er am örtlichen Helmholtz-Gymnasium sein Abitur macht. Wissbegierig und mit viel Enthusiasmus nimmt er ein Studium der Physik an der Universität auf. Er bleibt dafür allerdings in seiner Heimatstadt, denn örtliche Veränderungen sind nicht so sein Ding. Er bleibt auch ein Leben lang tief mit der badischen Region verbunden. Nachdem er sein Studium 1966 erfolgreich abschließt, will er eigentlich Wissenschaftler werden. Sein betreuender Professor bescheinigt Tschira auch die Eignung für eine solche Karriere. Aber die Universität macht ihm einen Strich durch die Rechnung weil sie kein Geld für eine Stelle für ihn hat und alle anderen besetzt sind. Also nimmt er notgedrungen eine Stelle bei IBM in Mannheim an.
- aus IBM wird SAP
Aber Systemberater ist nicht unbedingt die Erfüllung für ihn. Trotzdem macht er den Job sechs Jahre lang. Genauso wie vier andere Kollegen, die er über die Arbeit kennenlernt: Dietmar Hopp, Hasso Plattner, Claus Wellenreuther und Hans-Werner Hector. Zusammen beschließen die fünf 1972 sich selbstständig zu machen. Sie gründen eine Firma mit dem sperrigen Namen Systemanalyse und Programmentwicklung, die ihr aller Leben nachhaltig prägt, in völlig ungeahnte Bahnen lenkt und sie zu Milliardären macht. Zum Glück setzt sich für das Unternehmen bald das Kürzel SAP durch. Ihr Schwerpunkt liegt zunächst auf Computerprogrammen für Großrechner zur Abwicklung von Lohnabrechnung und Buchhaltung. Allerdings läuft die Eingabe per Bildschirm. Die zu diesem Zeitpunkt auch bei IBM noch übliche mechanische Speicherung der Daten auf Lochkarten hat ausgedient. SAP wird dadurch zu einem der wichtigsten Förderer einer Standardsoftware und prägt die Entwicklung der nächsten Jahre im IT-Bereich maßgeblich mit. Tschira gilt als Vater der Programmiersprache ABAP. Er ist zudem verantwortlich für den Aufbau des Geschäftsbereichs für Personalwirtschaftssysteme. Aus dem kleinen Unternehmen entsteht innerhalb kurzer Zeit ein Softwarehersteller, der sich um die effiziente Abwicklung sämtlicher Geschäftsprozesse von Unternehmen kümmert und auch auf internationaler Bühne schnell zu einem Schwergewicht wird.
- Weltkonzern
Die fünf Gründer müssen aufpassen, dass sie von ihrem Erfolg nicht überrollt werden. Sie müssen die Strukturen anpassen und ihr Unternehmen auf die neuen, veränderten Erfordernisse vorbereiten. Der Firmensitz bleibt aber ? ganz im Sinne des Badeners Tschira ? in der kleinen Stadt Walldorf bei Heidelberg, also quasi in der Provinz. 1988 beschließen die Firmengründer die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft. Mit Ausnahme von Wellenreuther bilden sie zunächst auch den Vorstand. Im Laufe der nächsten Jahre kommen mit Henning Kagermann, Peter Zencke, Claus Heinrich und Gerhard Oswald auch andere Personen in das Spitzengremium. Den ersten gravierenden Wechsel leiten Tschira und Hopp 1998 ein, als sie ihre Vorstandsposten aufgeben und sich in den Aufsichtsrat zurückziehen. Damit vollzieht Tschira einen ersten Schritt weg vom Tagesgeschehen. Als Mitglied des Aufsichtsrates agiert er immerhin noch neun Jahre bis 2007, bevor er sich beruflich komplett von SAP trennt. In dieser Zeit wurde SAP zu einer beispiellosen Erfolgsgeschichte und zur erfolgreichsten Firmengründung seit Kriegsende. Europaweit die Nummer eins. Weltweit in der Spitzengruppe der Softwareunternehmen.
- Zurück zur Wissenschaft
Aber schon während seiner Zeit bei SAP sucht sich Tschira ein sinnvolles Betätigungsfeld, das nichts mit seiner beruflichen Tätigkeit zu tun hat. Und was liegt da näher, als sich auf seine alte Leidenschaft zu besinnen, die Beschäftigung mit den Naturwissenschaften. So gründet er 1995 an seinem Wohnort in Heidelberg eine Stiftung, die es sich zum Ziel setzt, Naturwissenschaften, Informatik und Mathematik nicht nur zu fördern, sondern auch ein Interesse für diese Bereiche in der Öffentlichkeit zu wecken. Als Sitz sucht Tschira die repräsentative und höchst geschichtsträchtige Villa Bosch in Heidelberg aus, die der BASF-Konzern Anfang der zwanziger Jahre für seinen Vorstandschef, den Chemie-Nobelpreisträger Carl Bosch, errichten ließ, in der General Eisenhower nach Kriegsende kurzzeitig residierte und die schließlich vom Süddeutschen Rundfunk zu einem Studio ausgebaut wurde. Von hier aus steuert Tschira seitdem seine Arbeit als Mäzen und Förderer. Die Klaus-Tschira-Stiftung engagiert sich in allen Bereichen vom Kindergarten bis zur Hochschule und unterstützt Projekte zur Erarbeitung und allgemeinverständlichen Darstellung von Forschungsergebnissen der entsprechenden Fächer. Als Ergänzung dazu entsteht 1997 das European Media Laboratory, kurz EML, zur Entwicklung von neuen informationsverarbeitenden Systemen. Es hat seinen Sitz ebenfalls in der Villa Bosch und wird in erster Linie über die Stiftung mit Forschungsaufträgen versorgt. Darüber hinaus hat Tschira mit seiner Frau Gerda gemeinsam die Gerda und Klaus Tschira Stiftung ins Leben gerufen. Diese erwirbt Ende 2008 den bei Grimma in Sachsen gelegenen ehemaligen Landsitz des Chemie-Nobelpreisträgers Wilhelm Ostwald. Stiftungszweck ist die Weiterführung im Sinne des berühmten Vorbesitzers und natürlich wieder die Möglichkeit eines einfachen Zugangs zu den Naturwissenschaften für einen großen Personenkreis. So dient das Areal als Schulungs- und Begegnungsstätte und beherbergt außerdem ein Wilhelm-Ostwald-Museum.
- Auszeichnungen
Für sein engagiertes gesellschaftliches Wirken erhält Tschira zahlreiche Ehrungen. Die 1995 verliehene Ehrendoktorwürde der Universität Klagenfurt ist die erste in einer ganzen Reihe von Auszeichnungen. Des Weiteren besitzt er diese Würde auch vom Karlsruher Institut für Technologie KIT, die als Universität des Landes Baden-Württemberg und gleichzeitig auch als nationales Forschungszentrum in der Helmholtz-Gemeinschaft fungiert. Zudem ist er an den Universitäten Heidelberg, Mannheim, Karlsruhe sowie an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg Ehrensenator. Die Bundesrepublik ehrt ihn 1999 mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande und 2009 mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse. Der Deutsche Stifterpreis geht ebenfalls 1999 an ihn. 2010 erhält er die Leibniz-Medaille der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, die sechs Jahre zuvor schon sein ehemaliger SAP-Kollege Hasso Plattner entgegennahm. Die für ihn aber vermutlich wichtigste Ehre wird ihm im Jahr 2000 zuteil, als die Internationale Astronomische Union einen Kleinplaneten nach ihm benennt. Denn die Astrologie liegt Tschira, da sie in seinen Augen die Wiege der Naturwissenschaften darstellt, besonders am Herzen. Und so ganz nebenbei hat sich der bodenständige Badener wieder ein Stück weit seinen Wurzeln genähert. Mit der Attensity Group, einem aus seiner Karlsruher Firma Living-e sowie der Bertelsmann-Softwareschmiede Empolis und einer Computerfirma aus dem Silicon Valley hervorgegangenen Software-Unternehmen, welches das häufig existierende Datenchaos in Firmen ordnet, hat Tschira ein neues Engagement gefunden.