Josef Boquoi
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Josef Boquoi ist ein deutscher Unternehmer. Er ist der Gründer des Tiefkühlkonzerns Bofrost. Er lebt sehr zurückgezogen am Niederrhein und lässt praktisch nichts aus seinem Privatleben verlauten. Der Schutz seiner Privatsphäre bedeutet ihm so viel, dass er deshalb notfalls auch mal vor Gericht geht. Trotzdem unternehmen wir den Versuch, uns diesem Mann ein wenig zu nähern.
- Speiseeis und Tiefkühlkost
Geboren wird Josef Boquoi 1934. Nachdem er in Hamburg die Handelsschule und eine Kaufmannslehre erfolgreich hinter sich bringt, beginnt er 1953 für seinen Vater Jean in der Nähe von Köln zu arbeiten. Der zog bereits im Krieg mit einem Pferdekarren von Hof zu Hof und handelte mit Lebensmitteln. Eine Art Geschäfte zu machen, die sein Sohn somit schon früh sieht. Und als durchaus akzeptablen Weg auch für sich annimmt. Inzwischen verdient Jean Boquoi seinen Unterhalt aber mit einer Kaffee- und Kornrösterei, fährt aber nebenbei immer noch übers Land und handelt. Josef erweist sich als gute Arbeitskraft und übernimmt 1957 nicht nur den väterlichen betrieb, sondern auch die Fahrten mit einem kleinen Lieferwagen über die ländlichen Regionen am Niederrhein. Er bietet seinen Kunden unter anderem Speiseeis ein. Und da der Tauschhandel zu dieser Zeit durchaus nicht unüblich ist, bekommt er als Bezahlung auch des Öfteren Naturalien. Und die lagert er in seinem firmeneigenen Kühlhaus. Dabei stellt er fest, dass die Erbsen, Möhren und Bohnen auch nach längerer Lagerung noch frisch sind. So frisch, dass er damit sogar wieder handeln kann.
- Bofrost
Damit ist für Josef Boquoi eine neue Geschäftsidee geboren. Sicherlich kommt ihm dabei ganz entscheidend zu Hilfe, dass sich Kühlschränke mit Tiefkühlfächern beziehungsweise Tiefkühltruhen just zu dieser Zeit relativ stark verbreiten. Er gründet 1966 ein Unternehmen für den Direktvertrieb von Tiefkühlkost. Als Name dient eine Kurzform seines Nachnamens mit dem Anhängsel des so wichtigen Aggregatzustandes: Bofrost. Schnell sieht er, wie wichtig eine geschlossene Kühlkette für die Qualität der Waren ist. Deshalb sorgt er 1969 für den ersten firmeneigenen Lieferwagen mit Kühlung. Das Unternehmen wächst rasant und wird fast zu einem Monopolisten. Die dahinter stehende Idee bleibt so einfach wie erfolgreich: Tiefkühlkost direkt ins Haus. Gerade in Gegenden mit einer eher überschaubaren Infrastruktur ein aussichtsreiches Konzept. Über lange Jahre beherrscht Bofrost den Markt in Deutschland. Bis zu siebzig Prozent der im Direktvertrieb abgesetzten Tiefkühlware in der Bundesrepublik geht auf das Konto der Firma aus Straelen am Niederrhein. Nachdem der deutsche Markt gesättigt erscheint, rückt zunehmend mehr auch der ausländische in den Blickpunkt. Bofrost expandiert und ist Ende 2010 in zwölf europäischen Staaten präsent.
Fast 10.000 Menschen sind mit Tiefkühlkost beschäftigt. Rund 5.000 Tiefkühl-Verkaufsfahrzeuge bringen die Ware zu den Kunden. Gesetzt wird dabei auch auf einen persönlichen Umgang der Fahrer mit den Käufern in ihrem Liefergebiet. Eine gute Maßnahme für Kundenbindung. Auch für den Anbau wird mit Lieferanten von Skandinavien bis Bolivien zusammengearbeitet damit das Gemüse gleich nach Ernte schockgefrostet und dann erst beim Kunden in der Pfanne wieder aufgetaut wird.
- Geld regiert
Boquoi macht kein großes Aufheben um seine Person. Für die Firma gilt dementsprechend auch die Regel, dass in Pressemitteilungen keine überflüssigen personenbezogenen Dinge, sondern nur die unternehmerischen Fakten auf den Tisch kommen. Die Firma wirft über Jahre viel Geld ab, das Boquoi für verschiedene Zwecke nutzt. Er fördert den lokalen Tennisnachwuchs massiv, engagiert sich in seiner Heimatregion für schwerstbehinderte Kinder. Unter anderem hat er ein Haus der Stiftung für Jugendliche ins Leben gerufen. Einen Teil seines Vermögens überführt er in eine Stiftung. Die zeigt aber auch die Ambivalenz des Josef Boquoi. Denn sie ist keineswegs gemeinnützig, sondern unternehmensverbunden und nennt als Daseinszweck auch die Unterstützung der eigenen Familie. Vor allem soll sie das Unternehmen künftig vor einer Zerschlagung schützen. Und steuerliche Vorteile bietet sie auch. Zudem findet sich auf ihrer Webseite auch der von Boquoi immer wieder gern zitierte Spruch: Wir habens nicht vom Ausgeben, wir habens vom Behalten. Die Bofrost-Stiftung versuchte außerdem Staatswald in der Eifel zu kaufen ohne sich vorher konkret zur beabsichtigten Nutzung zu äußern, was vor allem Umweltverbände, aber auch zahlreiche andere Kritiker auf den Plan rief.
Bei Bofrost zeichnet sich Boquoi auch nicht eben als Basisdemokrat aus. Mit seinem Betriebsrat liegt er über mehrere Jahre im Dauerstreit. Überhaupt ist er der Meinung, dass eine konzernumfassende Arbeitnehmervertretung nicht zwingend akzeptiert werden muss und dass er denen schon gar nicht alle unternehmerischen Fakten auf den Tisch legen muss, ja sogar verschwiegen sein darf. Neben seiner Bofrost-Tätigkeit steigt Boquoi auch bei mehreren anderen Unternehmen als Großinvestor ein. Mit unterschiedlichem Erfolg.
- Person des öffentlichen Interesses?
2004 bereitet Boquoi seinen Ausstieg als Chef seines Tiefkühlunternehmens vor. Ein externer Manager wird auf die Rolle als Geschäftsführer vorbereitet. Zwar hat Boquoi einen Sohn und zwei Töchter, die bereits erwachsen sind und schon im Unternehmen gearbeitet haben. Sie sind aber bereits wieder bei Bofrost ausgeschieden. Kommen also nicht Infrage. Boquoi selbst hält sein Privatleben völlig unter Verschluss, ist der Öffentlichkeit nicht zugänglich. Eine zweifellos legitime Vorgehensweise. Aber wie weit ist das exorbitante Vermögen einer Person wie Boquoi und auch der Umgang damit von Belang für die Allgemeinheit? Eine Frage, die Boquoi und das Manager Magazin zu einem Streit vor Gericht veranlasst haben. Auslöser war die jährlich im Manager Magazin erscheinende Liste der reichsten Deutschen. Da tauchte Boquoi zwar schon des Öfteren auf. Allerdings will er das zukünftig nicht mehr hinnehmen, da er der Meinung ist, dass außer ihn niemanden etwas angeht, über wie viel Geld er verfügt. Außerdem sind die dort gemachten Angaben seiner Ansicht nach auch noch falsch. Auf 950 Millionen Euro schätzte das Magazin sein Vermögen. Darum engagiert er sich den prominenten Anwalt Christian Schertz, der als Experte auf dem Gebiet der Wahrung der Privatsphäre von Personen des öffentlichen Lebens gilt und klagt. Als Privatmann müsse er die Aufnahme in so ein von ihm als Neidliste tituliertes Ranking nicht dulden. Das Landgericht München weist die Klage jedoch im April 2011 zurück. Als Begründung nennt es das die anderen Gründe überwiegende öffentliche Interesse bei Vermögen dieser Größenordnung. Es muss nach Ansicht der Richter diskutiert werden können, wie solch eine Kapitalakkumulation entsteht und wie und für welche Zwecke das Geld eingesetzt wird. Boquois Verteidiger Schertz will daraus einen Grundsatzprozess machen und nicht eher aufgeben, als bis die höchste dafür zuständige Instanz, der Bundesgerichtshof darüber entschieden hat. Wir sind auf die Fortsetzung gespannt.