Alexander Falk
aus Hamburg
Alexander Falk ist ein ehemaliger Internetunternehmer und Erbe des Stadtplanherstellers Falk. Er hat durch einen spektakulären Prozess gegen sich für zahlreiche Schlagzeilen gesorgt, in dem es um den Vorwurf des gemeinschaftlichen versuchten Betrugs ging. Falk hatte seine Internetfirma Ision für 763 Millionen Euro an ein britisches Unternehmen verkauft und dabei deren Wert nach Ansicht der urteilenden Richter durch Scheingeschäfte künstlich aufgebläht. Deshalb verurteilten sie ihn zu einer vierjährigen Haftstrafe.
- Hamburger Jung
Geboren wird Alexander Falk im Juli 1969 in Hamburg, wo er bis heute lebt. Sein Vater Gerhard Falk wurde schwerreich durch den Aufbau des größten deutschen Stadtplan-Unternehmens. Seine patentierten Faltpläne entwickelten sich auf Grund ihrer geringen Größe und ihrer Handhabbarkeit schnell zu echten Verkaufsrennern. Allerdings starb er bereits 1978, weshalb Alexander schon früh in seinem Leben zwar mit viel Geld, aber ohne Vater auskommen muss. So wächst er mit Mutter Evelyn und Schwester Janina - er hat auch noch eine Halbschwester namens Karin - im Hamburger Nobelstadtteil Blankenese auf. Dort besteht er 1989 auch sein Abitur. An der Universität seiner Heimatstadt beginnt er 1990 Betriebswirtschaftslehre und Politikwissenschaft zu studieren. Vier Jahre später verlässt er die Hochschule als frischgebackener Diplomkaufmann.
- Neuer Markt statt Faltplan
Neben seinem Studium arbeitet er ab 1991 im familieneigenen Falk-Verlag. Bald übernimmt er die Leitung der Tochterfirma, die für die Digitalisierung der Falkpläne und der Entwicklung der darauf aufbauenden Navigationssysteme zuständig ist. Er sieht seine Zukunft jedoch nicht als Chef im väterlichen Unternehmen. Nach dem absolvierten Abschluss veräußert er gemeinsam mit seinen Schwestern den Verlag mit Ausnahme der Aktivitäten in der digitalen Kartographie an Bertelsmann. Der Gütersloher Konzern legt dafür rund fünfzig Millionen Mark auf den Tisch. Falk beschließt, an dem gerade ausgebrochenen Internet-Booms teilzuhaben. Seinen Erlös investiert der Jungunternehmer deshalb umgehend in mehrere Firmen aus dem New Economy-Bereich. Unter anderem kauft er zunächst 35 Prozent der Anteile an der bei Zürich ansässigen Distefora AG, die sich auf Mobilfunk-Software und -Dienstleistungen sowie Navigationslösungen für Taschencomputer spezialisiert hat. Später erhöht er seine Beteiligung auf 51 Prozent und wird CEO und Verwaltungsratsmitglied bei den Schweizern. In den folgenden Jahren baut er ein Geflecht von Internet-Firmen auf.
- Verkauf mit Folgen
1998 dann der Kauf des Unternehmens, das Falk in die Schlagzeilen und vor Gericht bringt. Die Hamburger Ision Internet AG geht in Falks Besitz über und zwei Jahre später im Sektor Neuer Markt an die Börse. Falk gilt nun als aufstrebender jung-dynamischer Unternehmer mit bester Zukunftsperspektive; seine Firma als höchst erfolgreich. Und zwar so erfolgreich, dass sich der britische Telekommunikationsanbieter Energis zu einem Übernahmeangebot entschließt. Noch im selben Jahr wird der Deal perfekt gemacht. Etwa 763 Millionen lassen sich die Briten das Geschäft kosten. Viel zu viel, wie sie später bemerken. Zunächst aber hat Falk die Taschen voller Geld und einen scheinbar glänzenden Handel gemacht. Das dicke Ende folgt jedoch schnell. Bei Energis macht sich nach genauerer Überprüfung der Bücher die Einsicht breit, dass Ision eine künstlich aufgeblähte Firma sei, deren Wert nicht annähernd der bezahlten Summe entspricht. Aufgebläht wurde aus britischer Sicht ganz kräftig von Falk und seinen Managern bei Ision - und zwar auf illegalem Wege. Quasi als Bestätigung geht die vermeintlich so erfolgreiche und gesunde Hamburger Firma bald darauf pleite.
- Tiefer Fall
Deshalb schaltet sich die Staatsanwaltschaft ein und bringt Falk 2004 vor das Hamburger Landgericht. Ein Mammutprozess beginnt, in dessen Verlauf oftmals mit harten Bandagen gekämpft wird. Der konkrete Vorwurf an Falk und seinen Ision-Finanzvorstand lautet getreu dem, was die Briten bereits monierten, den Wert der Firma durch Scheinumsätze künstlich erhöht zu haben um dadurch einen höheren Verkaufspreis zu erzielen. Deshalb müssen sie sich wegen gemeinschaftlichen Betrugsversuchs, Steuerhinterziehung und Bilanzfälschung verantworten. Die Scheinumsätze werden zwar nach erdrückender Beweislage eingeräumt. Aber nach Ansicht der Angeklagten hätten sie keinen Einfluss auf den Verkaufspreis gehabt. Falk sieht sich als Opfer, nicht als Täter. Um dieses Bild auch in der Öffentlichkeit zu zeichnen, engagiert Falk neben seiner mit Staranwälten gespickten Verteidigerriege auch den früheren Boulevardjournalisten Hans-Hermann Tiedje, dessen Firma unter anderem die Türkei beraten hat, um deren EU-Beitritt zu forcieren. In der Folge schafft es Tiedje dafür zu sorgen, dass die Mehrheit der in den Medien erscheinenden Artikel sich entsprechend positiv über Falk äußern. Dessen Anwälte ziehen alle Register, bemühen zahlreiche Gutachter und Sachverständige und dehnen den Prozess damit immer weiter aus. Der geht als einer der längsten in die Geschichte der Hamburger Justiz ein. Letztlich dauert er dreieinhalb Jahre. An 157 Verhandlungstagen treten 75 Zeugen auf. 14.000 Seiten dick ist alleine die Leitakte mit den wichtigsten Dokumenten. Der vorsitzende Richter liest in dieser Zeit nach eigener Aussage rund 235 000 Blatt Papier. Am Ende verurteilt er Falk zu vier Jahren Haft.
- Vermögen weg?
Erwartungsgemäß akzeptiert Falk, der im Rahmen des Gerichtsverfahrens von Juni 2003 bis April 2005 in Untersuchungshaft gesessen hat, diesen Richterspruch nicht. Seine Anwälte legten umgehend Revision ein. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat dann Ende Juni 2010 beschlossen, die Abschöpfung von Erträgen aus Straftaten zu erleichtern. Falk droht dadurch nun der sogenannte "Verfall" - dabei wird alles, was ein Täter aus einer Straftat erlangt hat, vom Staat eingezogen. Das Landgericht wird nun klären, wie die Erlöse der Firma Ision aufgeteilt wurden und ob vor dem Verfall Forderungen der Geschädigten vorrangig bedient werden müssen. Unabhängig davon wird ihn Energis anschließend in einem zivilrechtlichen Verfahren auf Rückzahlung der 763 Millionen Euro plus Zinsen verklagen. Zudem droht ihm seit Anfang 2010 weiterer Ärger. Denn die Bundesanwaltschaft will Falks bisher nur eingefrorenes Privatvermögen von rund 32,4 Millionen Euro einziehen und der Staatskasse zuführen.
- Sonstiges
Noch 2002 sicherte sich Falk 75 Prozent der Aktien von Hornblower Fischer, einer Wertpapierhandels- und Investmentbank. Im Zuge der Ermittlungen gegen ihren Hauptgesellschafter ging der jedoch das Geld aus, weshalb sie im Sommer 2003 in die Insolvenz ging. Falk ist seit 2001 mit der Anwältin Nadia verheiratet. Deren Vater ist Axel Schroeder, geschäftsführender Gesellschafter der Hamburger Handelsfirma MPC Münchmeyer Petersen & Co. Gemeinsam haben Alexander und Nadia seit 2002 Sohn Anton. Falks Mutter Evelyn, die ihren Sohn immer bedingungslos unterstützte, begeht 2005 drei Wochen nach dem Krebstod ihres Lebensgefährten Selbstmord.